Bedeuten flexible Arbeitszeiten, dass ich weniger Geld für dieselbe Arbeit bekomme? Ja, ganz genau!
Teilzeit, Gleitzeit, Schichtbetrieb, Dienstplan: Das österreichische Arbeitsrecht ist ganz schön flexibel, wenn es um die Gestaltung der Arbeitszeit geht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren davon. Sie haben jedoch großes Interesse, nicht ständig auf Abruf bereit stehen zu müssen und für längere Arbeitszeiten höher entlohnt zu werden.
„Arbeiten wann und wie ich will“ - mit diesem Spruch hat die Wirtschaftskammer in den letzten Monaten für mehr Arbeitszeitflexibilität geworben. In ihrer aktuellen Kampagne schlägt die Industriellenvereinigung nun in die gleiche Kerbe und fordert: „arbeiten, wenn Arbeit da ist“. Dabei wird argumentiert, dass sich auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Flexibilität in ihrer Arbeitszeitgestaltung wünschen.
Dem ist sicherlich so. Unterschlagen wird von der Industriellenvereinigung jedoch, dass sich ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen darunter unterschiedliches vorstellen. Denn der Einsatz der Arbeitskräfte auf „flexible“ Art und Weise geht selten mit den Vorstellungen und den Bedürfnissen von Angestellten, Arbeitern und Arbeiterinnen einher. Arbeiten “wenn Arbeit da ist” überschneidet sich nicht immer mit den Bedürfnissen nach Freizeit für Kinderbetreuung, Pflegetätigkeiten, oder Fort- und Weiterbildung.
Die Debatte zur Arbeitszeitflexibilisierung, wie sie von der Industriellenvereinigung eingefordert wird, dreht sich also weniger um die Frage, wann ArbeitnehmerInnen arbeiten sollen oder nicht, als vielmehr um die Frage, was diese Flexibilität kosten soll (oder eben nicht). Von Seiten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wünscht man sich vor allem, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Stunden Arbeit in einen Arbeitstag oder gar in eine Arbeitswoche packen. Sparen können sich Betriebe dabei insbesondere längere Normalarbeitszeit am Tag und in der Woche (das bedeutet weniger bis keine Überstundenzuschläge).
Auch längere Zeiträume für die Durchrechnung von Überstunden werden seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immer wieder gefordert, wodurch die Berechnung der „tatsächlichen” Überstunden flexibler gehandhabt werden kann und wiederum Überstundenzuschläge entfallen. Das entspricht den Interessen der Unternehmerseite, aber naturgemäß nicht jenen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für die selbe Arbeit nicht weniger Gehalt bekommen wollen.
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Praxistest Freizeitoption: Erfahrungen von Beschäftigten
Arbeitszeitverkürzung in der Praxis. Innovative Modelle in österreichischen Betrieben